"Leidensgeschichte" Frozen Shoulder

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Barbara
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"Leidensgeschichte" Frozen Shoulder

Beitrag von Barbara » 13 Feb 2010 16:46

Da ich aufgrund einer mehr als zwei Jahre bestehenden Frozen Shoulder viel im Internet gesucht habe, möchte ich hier meinen Erfahrungsbericht "abliefern", vielleicht hilft er ja jemandem:

Ich habe seit beinahe 30 Jahren Diabetes Typ I, eine Schilddrüsen-Autoimmunerkrankung und Morbus Duypytren in den Händen, bin also eine klassische Kandidatin für eine Frozen Shoulder. Vor etwas mehr als zwei Jahren begannen die Beschwerden in der linken Schulter. Zuerst wurde mit Röntgen ein mögliches Impingement-Syndrom und eine Kalkschulter abgeklärt, aber alles war total in Ordnung. So bekam ich zuerst von der Orthopädin, da sie sich aufgrund meines Diabetes kein Cortison zu verwenden traute, schmerzstillende und entzündungshemmende Spritzen (Namen weiß ich nicht mehr) und Tabletten (Voltaren) sowie bei einem Schulterspezialisten Physiotherapie. Die war relativ schmerzhaft, brachte etwas mehr Beweglichkeit. Das ging ca. ein Jahr. Da die Beweglichkeit (vor allem Arm nach oben und bes. der "BH-Griff", also Arm nach hinten) ziemlich eingeschränkt blieb und ich mehr oder weniger immer Schmerzen hatte, probierten wir dann doch eine Cortson-Therapie, die sehr gute Erfolge brachte (Schmerzen besser, Beweglichkeit besser). Als Diabetiker sollte man sich nur drübertrauen, wenn man sich sehr gut mit dem Diabetes-Management auskennt und keine Angst bei massiv erhöhtem Insulinbedarf für einige Tage und Zuckerunregelmäßigkeiten bis zum vollständigen Abbau des Cortisons hat!! Die Orthopädin hat sich mit der Dosierung etwas zurückgehalten, damit nicht alles aus dem Ruder gerät. Es sah also ganz gut aus! Nach einer Medikamentenpause von ca. 2 Monaten bewegte sich dann alles wieder in Richtung Anfangsstadium (entzündlicher Prozess, Bewegungseinschränkung und Schmerzen nahmen sukzessive zu). Da ich nach zwei Jahren schon ziemlich verzweifelt war und meine Lebensqualität massiv unter dieser Krankheit litt, konsultierte ich einen anderen Orthopäden, um eine zweite Meinung zu hören. Er wurde mir von einer Bekannten, die wegen anderer Probleme von ihm an der Schulter operiert worden war, empfohlen. Er meinte, dass nach zwei Jahren und in Anbetracht meiner Immunlage nicht mehr mit einer wesentlichen Verbesserung zu rechnen sei. Wenn ich mit den Bewegungseinschränkungen leben könne, könne man die Schulter lassen wie sie sei. Sonst empfehle er eine OP. Ich entschloss mich dann zu dieer Operation, da ich endlich von meinen Schmerzen befreit sein wollte, die Bewegungseinschränkung war ja nur das sekundäre Problem. Ich hatte ziemlich Angst, da ich noch nie eine OP und eine Narkose hatte. Am 20.1.2010 wurde ich KH der Barmherzigen Schwestern in Wien von Prim. Anderl operiert. Die OP erfolgte arthroskopisch, die Schulter wurde zurerst durchbewegt, dann erfolgte ein Einschnitt der Gelenkskapsel und nochmals ein Durchbewegen, die entzündeten Teile wurden entfernt und eine "Gelenkstoilette" gemacht (Dauer der OP ca. 30 Min.). Man hatte mir am Hals einen Schmerzkatheter gesetzt und damit den Arm zuerst narkotisiert, zusätzlich bekam ich eine Allgemeinnarkose mit einer Kehlkopfmaske. Mit dem Schmerzkatheter wurde mein Arm noch 1 1/2 Tage immer wieder leicht anästhesiert und ich hatte daher keinerlei Schmerzen. Danach nahm ich für ca. 10 Tage 3 x pro Tag Parkemed 500. Am Tag nach der OP wurde mit Physiotherapie begonnen (passiv, isometrisch und aktiv), die ich zweimal pro Woche fortsetze. Ich war mit dem Vorbereitungstag drei Tage im Spital. Wie es jetzt - einen Monat später - aussieht, hat sich die Operation gelohnt. Ich bin ziemlich schmerzfrei. Bei der Bewegung des Armes nach oben fehlen noch 5 - 10 Grad. Der BH-Griff geht - mit kleinen Einschränkungen - auch schon wieder. Lediglich Gewicht darf ich mit dem linken Arm frühestens 6 Wochen nach der OP tragen, heben. Die Physiotherapie geht natürlich weiter und ich hoffe, dass alles wieder halbwegs normal wird und kein Rezidiv auftritt (die Wahrscheinlichkeit ist leider aufgrund meiner Immunlage nicht superklein).
Auch das Diabetes-Management während der OP und danach habe ich gut hinbekommen, für den Notfall hatte ich eine Vollmacht und eine Patientenverfügung, dass mich eine Freundin, die ebenfalls Diabetesexpertin ist, selbstständig betreuen kann und Therapieanpassungen machen kann (war aber nicht notwendig).
Ich habe mit größeren Behinderungen nach der OP gerechnet, also mit weiten Herrenhemden etc. vorgesorgt. Ca. 4 Tage nach der Operation konnte ich mich jedoch schon wieder - mit einer Bluse - normal anziehen, konnte die Haare waschen und meinen täglichen Alltag halbwegs selbstständig erledigen. Lediglich den Einkauf schleppt noch immer mein Mann nach Hause.
Ich hatte ziemlich Angst vor der OP und ziemliche Bedenken. Letztlich war aber alles - in der Hand eines Spezialisten - halb so wild.

Vielleicht hilft dieser Beitrag jemandem, der auch vor der Entscheidung OP ja oder nein steht. Eine Narkosemobilisation "ohne Sicht" und ohne Begutachtung der tatsächlichen Situation unter Arthroskopie, die mir meine erste Orthopädin empfahl, hätte ich mir allerdings nicht machen lassen. :D

ronja
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Beitrag von ronja » 14 Feb 2010 13:49

Hallo Barbara,

herzlichen Dank für Deine ausführliche Schilderung der Schulter-OP. Das ist ja mal wieder ein positiver Bericht nach den vielen Horrorgeschichten über verpfuschte Eingriffe. Das war sicher bei Dir die richtige Entscheidung.

Nach zwei fast überstandenen Frozen-Shouldern kurz hintereinander kann ich die schlimme Leidenszeit recht gut beurteilen. Ich stand damals auch vor der Frage der OP und habe mich aus Angst dagegen entschieden. Es ging auch so, war aber extrem belastend für mich und alle die mich in der Zeit begleitet und ertragen haben.

Heute habe ich nur noch geringe Probleme an meiner zweiten FS auf der rechten Seite. Ich mache aber regelmäßig Übungen und gehen seit Jahren zur PT. Ich denke man sollte gut abwägen ob es auch ohne OP geht. Hätte ich damals eine private Krankenversicherung gehabt, hätte ich mich wahrscheinlich auch von einem Schulterspezialisten in Heidelberg operieren lassen. Aber nach allen Bedenken die ich vor der OP hatte und seiner Versicherung, daß meine Schultern wieder auftauen, habe ich den zweiten Weg gewählt.

Wünsche Dir weiterhin gute Genesung und daß Du bald wieder voll Übermut die Arme in die Höhe werfen kannst. :D
Liebe Grüße

Ronja

Frozen Shoulder, links, wieder aufgetaut und beschwerdefrei. Rechte Schulter nur noch leichte Einschränkungen.

Barbara
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Beitrag von Barbara » 19 Apr 2010 14:37

Ronia, es freut mich für dich, dass deine Schultern wieder von selbst "aufgetaut" sind. Bei mir wäre das ziemlich sicher nicht der Fall gewesen.

Ich möchte hier noch meinen Erfahrungsbericht - nun drei Monate nach der OP - vervollständigen.

Ca. drei Wochen nach der OP haben ich den ersten Arbeitsversuch im Büro gemacht; ich arbeite viel am Computer. Zwei Wochen nach der OP habe ich bereits hin und wieder eine Stunde zu Hause gearbeitet. Also im Büro ging es anfänglich sehr schlecht; ich schaffte es ohne Probleme meist nur ca. 2 Stunden. Dann hatte ich Schmerzen und ziemliche Verspannungen im Bereich zwischen Schulter und Hals. Nach einigen Tagen Arbeitsversuch war ich noch eine Woche im Krankenstand, dann ging es wesentlich besser. Ich musste jedoch im Büro regelmäßig Lockerungs- und Bewegungsübungen machen, legte ein Wärmekissen auf und arbeitete max. 6 Stunden. Einmal pro Woche kam eine Masseurin, die die verspannten Bereiche im oberen Rücken massiert.
Der Orthopäde verpasste mir dann noch drei Injektionen ins Gelenk (schmerzstillend mit einer Minimenge Cortison); ein paar Tage nach der zweiten Injektion hatte ich dann plätzlich das Gefühl, "dass alles frei ist".
Ich mache immer noch Physiotherapie; und seit Kurzem einmal pro Woche Lymphdrainage, da mein linker Arm immer noch dicker ist, als der rechte (ca. 2 cm im Umfang, was auch vor der OP schon war).
Die Beweglichkeit ist fast wiederhergestellt; lediglich bei gestrecktem Arm nach oben fehlen noch ca. 10 Grad. Die Rotation geht super (zB der "BH-Griff").
Wenn ich es mit dem Arbeiten nicht übertreibe habe ich keinerlei Schmerzen.
Ich arbeite jetzt zustätzlich auch an meiner Haltung, u. a. mit Cantienica, wo ich gemerkt habe, dass sich dadurch der Spannungstonus im oberen Rücken und Nachen sehr verbessert.
Darüber hinaus schlafe ich noch immer mit meiner "Halskrause", das heißt einem festeren Tuch relativ breit und straff um den Hals gewickelt (als ob ich Halsschmerzen hätte); dadurch kann ich mich in der Nacht nicht so stark einrollen und Nacken und Schultern bleiben entspannt (der Tipp kam von der Physiotherapeutin).

Insgesamt bin ich sehr froh, dass ich mich zur OP entschlossen habe.

Ich wünsche allen Frozen-Shoulder-Geplagten gute Besserung und vollständige Heilung.

Barbara